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Die Sache mit dem Preis

Warum sind gute Fotografen so teuer?

by Cora Jennissen

(* = Affiliate Link/Werbung)

Ein sensibles Thema

Ich glaube ganz ehrlich, die am häufigsten gestellte Frage von Nicht-Fotografen ist die Frage, wieso Fotoshootings so teuer sind. Und der am häufigsten darauf folgende Satz ist irgendwas wie „Mein Neffe/mein Onkel/die Schwester der Freundin meines Bruders fotografiert auch und der/die macht das umsonst/für weniger Geld.“ Soweit, so gut. Das ist sehr schön für alle, die die Fotografie als Hobby sehen und ich möchte an dieser Stelle wirklich niemanden angreifen, denn es gibt wahnsinnig talentierte, gut ausgebildete und auch mit hervorragendem Equipment ausgestattete Hobbyfotografen. Ich glaube, das war ich früher selbst mal, bevor ich entschieden habe, dass ich mit dieser Sache, die mir so unglaublich viel Spaß macht, auf Dauer mein Geld verdienen möchte.

Ein Blick hinter die Kulissen

Also, warum ist ein richtiger Fotograf jetzt so teuer? Liegt es nur daran, dass wir alle geldgierige Aasgeier sind, die sich an ihrem Hobby bereichern wollen? Oder steckt vielleicht doch etwas mehr dahinter? Schauen wir mal hinter die Kulissen. Was für ein Zeitaufwand hat so ein Fotograf eigentlich für ein Shooting? Rechnen wir mal durch. Zuerst gibt es eine Anfrage von einem potentiellen Kunden. Das heißt also erstmal Emails oder WhatsApps schreiben, Fragen beantworten, vielleicht auch noch telefonieren und alle Details abstimmen. Dann kommt die Buchung, die Terminvereinbarung, die Beratung bei wichtigen Themen wie Outfit, Location und Co. Rechnen wir für diesen ganzen Prozess im Durchschnitt und natürlich über Tage verteilt mal insgesamt ca. eine Stunde.

Dann geht es weiter mit dem Shootingtag. An dem Tag muss der Fotograf sein Equipment vorbereiten, alles zusammenpacken, Akkus und Speicherkarten checken. Die Anfahrt zum Shooting nimmt nochmal Zeit ein, sagen wir mal, ca. eine halbe Stunde pro Weg, wenn das Shooting in der Nähe ist. Der Rückweg kommt auch noch dazu, und bitte die Fahrtkosten nicht vergessen. Damit sind wir schon bei ca. 2 Stunden. Die Shootingzeit ist bei mir immer variabel, um bei der Arbeit mit Tieren absolut flexibel zu sein, um niemanden zu hetzen und auch um nicht, wenn die Bilder im Kasten sind, noch zwanghaft weitermachen zu müssen um irgendeine Shootingzeit auszufüllen. Das heißt aber auch, dass Shootings mit Location- und Outfitwechseln meistens so um die 2 Stunden dauern. Das macht dann schon 4 Stunden insgesamt. 

Und die zeitaufwändige Arbeit geht erst richtig los, wenn wir wieder zuhause sind und uns an den Schreibtisch setzen.

Zuerst werden die Bilder auf den Computer gespielt, dann werden mit meinem super schnellen Tool für die Bildauswahl* erstmal alle missratenen Bilder (Augen zu, Tier unaufmerksam, etc.) aussortiert und alle verbliebenen gelungenen Bilder werden für die erste Ansicht grundoptimiert. Dabei bin ich für meinen Teil sehr effizient, und doch dauert auch das gerne mal 1-2 Stunden, je nachdem, wie lang und erfolgreich das Shooting war. Die Bilder werden in eine Auswahlgalerie exportiert und diese wird dann (mit etwas Kommunikation per Mail oder WhatsApp) an den Kunden versandt. 

Der Kunde wählt anschließend seine Bilder aus – die meisten zumindest machen das recht flott.  Manche brauchen länger dafür, da muss der Fotograf auch schon 2-3x nachfragen, bevor es überhaupt eine Entscheidung gibt. Manchmal kommt noch Beratung dazu, wenn sich der Kunde nicht allein entscheiden kann – das alles wird natürlich nicht extra berechnet. Wenn die Auswahl sehr lange dauert, bringt sie schon mal den gut durchorganisierten Zeitplan durcheinander. Deshalb berechne ich seit einigen Jahren eine geringe Gebühr ab der 3. Woche, weil es für mich immer schwierig ist, wenn sich zu einem Zeitpunkt dann alles „knubbelt“. Wir sind nun also irgendwo bei 6 Stunden Zeitaufwand, +- 1 Stunde, je nach Kunden.

Wenn die Entscheidung getroffen wurde, kommt der Teil mit der Buchhaltung ins Spiel. Rechnung erstellen und auf den Zahlungseingang warten. Vorher gibts keine Bilder, die werden (zumindest bei mir) immer erst bearbeitet, wenn die Zahlung eingegangen ist. Ich hatte ja nun schon 6 Stunden Arbeit, nun ist der Kunde am Zug. Die Buchhaltung geht bei mir zum Glück schnell dank meinem guten Buchhaltungstool*, deshalb sind das nur ein paar Minuten, die in unserer Rechnung zu vernachlässigen sind.

Weiter geht’s mit der Bildbearbeitung. Meine Kunden entscheiden sich bei mir bewusst für meinen Fine Art Stil, bei dem die Bilder künstlerisch und sehr aufwendig retuschiert und bearbeitet werden. Das braucht natürlich seine Zeit. Je nach Komplexität der Retusche und Bearbeitungsaufwand sitze ich an einem Bild im Schnitt ca. 30 Minuten – manchmal aber auch bis zu einer Stunde. Gehen wir mal davon aus, dass unser Kunde nur die vorab vereinbarte Anzahl Bilder bestellt – dann sind das weitere (mindestens) 2,5 Stunden Arbeit. Wir sind jetzt schon bei einem Arbeitsaufwand von etwa 8,5 Stunden.

Der letzte Schritt sind die Prints. Nachdem ich die digitalen Bilder versandt habe, muss ich die bei meinem Fachlabor bestellen, zahle einige Euro pro Bild weil ich meinen Kunden nur die besten Papiere zukommen lassen möchte, zusätzlich natürlich den Versand. Wenn die Prints hier ankommen packe ich sie schön ein, je nach Menge in eine Mappe oder einen Karton und verschicke sie – kleine Bestellungen als Brief, größere Bestellungen als Paket mit ein paar netten Goodies. Der ganze Prozess mit Bestellen, Prüfen, Verpacken und Verschicken dauert auch gerne mal eine halbe Stunde. Damit wären wir jetzt bei 9 Stunden reinem Zeitaufwand für ein Shooting plus die Material- und Versandkosten für die Prints, die bei 5 Bildern zusammen etwa 20€ betragen. Soweit also der Zeitaufwand und die variablen Kosten für ein Fotoshooting. ABER da wäre noch eine unwesentliche Kleinigkeit, die sich Fixkosten nennt…

Kosten eines Fotografen

Fotografen haben tatsächlich auch Kosten. Man könnte meinen, dass 100% des Shootingpreises beim Fotografen ankommen, aber dem ist definitiv nicht so. Zuerst mal müssen von jedem Shootingerlös Steuern gezahlt werden. 19% Mehrwertsteuer. Für gewerbliche Fotografen kommt ab einem gewissen Gewinn dann auch noch die Gewerbesteuer dazu. Und last but not least: Natürlich muss auch ein Fotograf seine Gewinne versteuern und den individuellen Einkommenssteuersatz auf seinen Gewinn bezahlen. Um das alles zu ermitteln, macht sich die Buchhaltung übrigens nicht von alleine – entweder wir beauftragen einen Steuerberater dafür oder wir machen das Ganze selbst. Zeit oder Geld.

So. Fotos machen sich nicht von selbst, sondern wir brauchen dafür Equipment. Und ja, ein gutes Bild wird vom Fotografen gemacht und nicht von der Kamera, ABER als Profi ist ein gewisses Level an Profitechnik nunmal ein Muss. Und das ist nicht für 450€ zu bekommen. Eine brauchbare Profikamera liegt im Schnitt irgendwo zwischen 1500€ und 3000€, es geht aber auch ganz schnell und gerne hoch bis 5000€ und mehr. Dazu kommen Objektive, denn Profikameras werden seltenst im „Kit“ verkauft. Die benötigten Prime Objektive liegen meist irgendwo zwischen 800€ und 3000€. Eins. Wer wie ich viel mit Festbrennweiten arbeitet, braucht natürlich mehrere davon. 

So, jetzt haben wir also schon mal die Fotos im Kasten… ne Moment, wir brauchen auch noch Akkus & Speicherkarten. Wie alles im Profibereich kosten auch die ihr Geld. Ein Kamerarucksack, Batteriegriffe und irgendwas, um die Kameras während des Shootings am Körper zu tragen, kommen noch dazu. So ist man ganz schnell mit wirklich hohen Summen unterwegs. Wenn die verloren gehen… nicht auszudenken, deshalb lieber eine Versicherung für das Equipment abschließen. Und natürlich die Haftpflichtversicherungen nicht vergessen, falls beim Shooting mal was passiert.

Okay, wir haben jetzt wir also die Fotos gemacht und sind für unser Equipment schon mal einiges an Geld los. Weiter gehts mit dem Bearbeiten. Wir brauchen einen hochleistungsfähigen Rechner mit viel Arbeitsspeicher und Co. und Software für die Bildbearbeitung, wie zum Beispiel die Creative Cloud von Adobe. Um unseren Kunden die Bilder zur Auswahl zu präsentieren und zum Download bereitzustellen kommt ein weiteres Abo dazu, z.B. von PicDrop oder PICTRS*. 

Damit überhaupt Kunden auf uns aufmerksam werden, müssen wir Werbung machen. Nicht im Fernsehen, aber die meisten von uns unterhalten eine eigene Homepage mit passenden Domains, die uns monatliche oder jährliche Kosten verursachen. Ganz zu schweigen von der vielen Zeit, die für die Erstellung und die Aktualisierung der Website draufgeht. Apropos Zeit, was ist mit Social Media Marketing? Instagram, Blogbeiträge, YouTube Videos. Zeit die wir aufwenden, um unseren potentiellen Kunden mit interessanten Inhalten zu versorgen. Alle möglichen Design-Tätigkeiten fallen auch noch an, ein ansprechendes Preis-PDF und schicke Visitenkarten gehören zum Beispiel dazu.

Damit wir auch weiterhin gebucht werden, müssen wir uns ständig verbessern und weiterbilden, so entstehen natürlich auch Kosten für die Fortbildung. Reisekosten für Weiterbildungen und Workshops. Fachliteratur. Wir müssen richtig gut sein in dem, was wir tun, denn nur dann ist es fair, diese höheren Preise auch zu veranschlagen. 

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Aufwandspositionen, aber ich denke, das gibt zumindest mal einen ersten Einblick, warum professionelle Fotografen die Preise aufrufen, die sie aufrufen. Eine Sache fehlt jetzt noch: der Wert von Fotos – und damit meine ich nicht nur den Marktwert, sondern vor allem den ideellen Wert unserer Arbeit. 

Der Wert von Fotos

Was sind Fotos eigentlich? Naja, heutzutage scheinen sie vor allem etwas zu sein, mit dem man sich auf Social Media selbst darstellt. Fotos sind auch hocheffiziente Werbemittel für Unternehmen und Selbstständige. Aber im Ernst: private Fotos sind das einzige, was bleibt, wenn uns geliebte Menschen oder Tiere verlassen. Sie sorgen dafür, dass unsere Erinnerung nicht verblasst und lassen uns immer wieder zu diesen magischen Momenten zurückkehren, in denen sie aufgenommen wurden. Und ich für meinen Teil würde da Fotos bevorzugen, die mich und meine Liebsten perfekt eingefangen haben. Und das wäre mir eindeutig mehr Wert, als ein paar Euro bei meinem Fotoshooting gespart zu haben, weil Onkel Bob die Fotos umsonst gemacht hat. Sie sind zwar alle schief & unscharf, aber hey, sie waren immerhin nicht so unverschämt teuer!

Falls ihr euch also nochmal fragt, wieso dieses verdammte Fotoshooting so teuer ist, kommt gerne hierher zurück und lest diesen Beitrag. Und wenn ihr das nächste Mal einem Fotografen anbietet, dass ihr zwar nicht bezahlen, aber ihr den Fotografen ja in euren Posts erwähnen könntet… dann denkt bitte nochmal drüber nach, ob ein paar mehr Likes auch Kühlschränke füllen.

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